k+a 2015.2: «100 Jahre EKD»

Editorial
Mit grosser Freude widmet die Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege zu ihrem hundertjährigen Bestehen diese Nummer von Kunst+Architektur in der Schweiz. Die Gründung der EKD bildete einen Meilenstein in der Geschichte der Denkmalpflege der Schweiz und markiert einen Wendepunkt in der Bauerbe-Politik unseres Landes. Denkmalpflege-Philosophien haben sich im Verlauf der Jahrzehnte gewandelt. Gleich geblieben ist das grosse Verantwortungsgefühl der Mitglieder der EKD gegenüber dem gebauten Kulturerbe der Schweiz.
     1915 war auch für die GSK ein epochales Jahr: 1880 gegründet – unter dem ursprünglichen Namen «Verein zur Erhaltung vaterländischer Kunstdenkmäler» («Erhaltungsgesellschaft») –, endete nach 35 Jahren deren Pionierphase. Als private Gründung besorgter Kunsthistoriker und Staatsbürger hatte sie bei ihrer Entstehung staatliche Aufgaben übernommen und diese später dann teilweise an die Eidgenossenschaft abgetreten. Mit der Gründung des Landesmuseums 1892 (Eröffnung 1898) gingen zuerst ihre musealen Aufgaben, mit der Einsetzung der EKD dann auch die denkmalpflegerischen Aufgaben an den Bund über.
     Nach 1915 positionierte sich die «Erhaltungsgesellschaft » neu, konzentrierte sich auf die wissenschaftliche und publizistische Vermittlung der Bau- und Kunstdenkmäler der Schweiz und mutierte schliesslich – unter dem heutigen Namen – zur grossen Mitgliedergesellschaft. Mit zahlreichen, neuerdings auch digitalen Publikationen setzt die GSK unser bauliches Kulturerbe auch heute prominent in Wort und Bild. Sie erbringt ihre Leistungen fast wie eine nationale Agentur – somit auch im Verbund mit anderen privaten und öffentlichen Akteuren, auch mit der EKD.
     Ihr gratulieren wir an dieser Stelle sehr herzlich!

Dr. Benno Schubiger, Präsident der GSK
Nicole Bauermeister, Direktorin der GSK

Geleitwort
Alain Berset
Bundesrat
Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern

Essay | Essai | Saggio
Nott Caviezel
Von Reichtum und Vielfalt
100 Jahre Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege
Zusammenfassung
Es lohnt sich, das bauliche Erbe zu erhalten und zu pflegen und nicht zuzuwarten, bis unwiederbringlich Verlorenes erst den schmerzlichen Verlust bewusst macht. Dies gilt besonders für unsere Denkmäler in ihrer ganzen Vielfalt. Ihnen ist im öffentlichen Interesse die Denkmalpflege verpflichtet. Niemand bestreitet, dass ein Land sich wandelnd weiterentwickeln soll und muss – auch die Denkmalpflege nicht. Bis zu einem gewissen Grad sind Veränderungen jedoch steuerbar. Unter Beachtung des notwendigen Gemeinsinns sollte in jedem Fall die Abwägung getroffen werden, mit welchem Gewinn und welchem Verlust man handelt, wenn man das Erbe preisgibt oder bewahrt. Dieses Bewusstsein schulden wir unseren vergangenen und künftigen Generationen. Die heute aktive EKD sieht sich in eine über hundertjährige Tradition eingeschrieben und erfüllt ihren gesetzlichen Auftrag. Sie ist in gänzlicher Unabhängigkeit allein ihrem qualifizierten Sachverstand verpflichtet, nach bestem Wissen und Gewissen verlässliche Entscheidungsgrundlagen zu erarbeiten: gestern, heute und morgen.

Dossier 1
Isabel Haupt
Denkmalpflege um 1900
Debatten in der Schweiz und im deutschsprachigen Raum

Zusammenfassung
Die Grundlagen für die moderne Denkmalpflege wurden um 1900 gelegt. Diskutiert wurde über Fachgrenzen hinweg, was Erhaltungsgegenstand sein kann und soll. Neben anerkannten Denkmalen wie Kirchen und Burgen rückten – nicht zuletzt dank neuer Akteure wie z.B. dem Schweizerischen Heimatschutz – zunehmend auch Bauern- und Bürgerhäuser sowie Ortsbilder in den Aufgabenbereich der Denkmalpflege. Das Erkennen und Erfassen des historisch bedeutenden Baubestands führte aber nicht automatisch zu dessen Erhalt, so dass seinerzeit um eine Institutionalisierung der Denkmalpflege und eine entsprechende Gesetzgebung gerungen wurde. Im internationalen Austausch diskutiert wurde zudem die Angemessenheit von Erhaltungsmassnahmen zwischen Konservieren und Restaurieren. Dabei bildeten sich bis heute gültige Grundsätze heraus.

Fotoessay | Essai photographique | Saggio fotografico
Ein Streifzug durch das Eidgenössische Archiv für Denkmalpflege

Das Eidgenössische Archiv für Denkmalpflege (EAD) bewahrt die Unterlagen der Eidgenössischen Denkmalpflege von den 1880er bis in die 1980er Jahre auf. Diese über 100 Jahre währende Kontinuität in der Dokumentation der renovierten, restaurierten und ausgegrabenen Monumente zeichnet das EAD als unverzichtbare Quelle für das gebaute Kulturgut der Schweiz aus. Zu diesem Themenbereich zählen auch die umfangreichen Privatsammlungen des EAD, die den Bestand ergänzen und abrunden.

Dossier 2
Kathrin Gurtner
Naef – Durrer – Zemp
Pionierfiguren der schweizerischen Denkmalpflege

Zusammenfassung
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts beginnt sich Widerstand gegen den Ausverkauf und die Zerstörung von schweizerischen Kunstdenkmälern zu bilden. 1880 schlägt sich das in der Gründung des «Vereins zur Erhaltung vaterländischer Kunstdenkmäler» nieder. Als Hauptaufgaben werden die Restaurierung und Inventarisierung von Kunstdenkmälern sowie die Herausgabe von Publikationen definiert. Der Vorstand fungiert ab 1887 als Expertengruppe und erhält Bundeskredite. Ab 1915 kümmert sich auf Wunsch des Bundesrates die neu gegründete EKD um die Begleitung der vom Bund subventionierten Restaurierungen. Prägende Figuren in diesen Gremien sind Albert Naef, Robert Durrer und Josef Zemp. Alle drei lehnen die damals noch beliebten «verschönernden» Restaurierungen ab. Sie setzen sich für einen möglichst vollständigen Erhalt der Originalsubstanz von Baudenkmälern ein und für klare Kennzeichnung von wieder hergestellten oder neuen Bauteilen. Eine Hierarchisierung von Baustilen ist ihnen fremd. Damit wirken sie wegweisend in der Geschichte der Schweizerischen Denkmalpflege.

Dossier 3
Melchior Fischli, Daniela Mondini
Konservieren? Oder doch restaurieren?
Kloster Allerheiligen in Schaffhausen und S. Nicolao in Giornico: Beispiele denkmalpflegerischer Praxis aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Zusammenfassung
Der Aufsatz illustriert in zwei Schlaglichtern einige Themen und Entwicklungen in der Restaurierungspraxis während den ersten 50 Jahren des Bestehens der EKD. Der Umbau des ehemaligen Klosters Allerheiligen in Schaffhausen zu einem kulturhistorischen Museum, der in den Jahren 1921–1938 durch den Architekten Martin Risch ausgeführt wurde, kann für Zemps Forderung nach der Verbindung von «Erhalten und Gestalten» stehen: «Erhaltung» des historischen Bestands bei gleichzeitiger moderner «Gestaltung» der Ergänzungen. Die Restaurierung der Kirche von S. Nicolao in Giornico (1940–1945) veranschaulicht hingegen das Resultat eines Kompromisses zweier teilweise konträr gelagerter denkmalpflegerischer Haltungen: während die Kantonale Denkmälerkommission des Tessins eine mehr von ästhetischen Kriterien der Stileinheit und auf Eliminierung von als «störend» empfundener jüngeren Schichten ausgerichtete Linie vertrat, hielt die EKD zu jenem Zeitpunkt einen strenger auf Substanzerhaltung ausgerichteten Kurs.

Interview | Interview | Intervista
Michael Leuenberger, Zara Tiefert
Inventare und Denkmalpflege
Grundlagen, neue Herausforderungen und Wertewandel
Die Bedeutung und die Errungenschaften der Bauinventare sind für die tägliche Arbeit der Denkmalpflege unumstritten. Sie bilden die Grundlage für den Erhalt des gebauten Kulturerbes. Fragestellungen und Anforderungen haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Im Gespräch am runden Tisch diskutieren der Architekturhistoriker Georg Germann, die Denkmalpflegerin des Kantons Zug, Franziska Kaiser, und der Denkmalpfleger des Kantons Aargau, Reto Nussbaumer, über Errungenschaften und die Vielfalt der Aufgaben.

Dossier 4
Franz Graf, Giulia Marino
Mirabilia ou ressource durable ?
Le patrimoine récent à l’épreuve des enjeux énergétiques
Zusammenfassung
Mirabilia oder nachhaltige Ressource?
Unter der Voraussetzung eines angemessenen zeitlichen Abstands wird der architektonische, soziale und technische Wert des modernen und zeitgenössischen baukulturellen Erbes, das quantitativ wichtig und erwiesenermassen von Interesse ist, heute positiv rezipiert und in nie dagewesener Art auch anerkannt. Überlegungen zu juristischen Schutzmassnahmen für die Architektur des 20. Jahrhunderts und wissenschaftliche Werkzeuge für deren Inventarisierung stehen zunehmend zur Verfügung, während im Allgemeinen für Projekte zu deren Erhaltung noch kaum klare fachliche Standards vorhanden sind. Das bauphysikalisch sehr sensible junge baukulturelle Erbe ist in besonderem Mass Eingriffen zur Reduktion des Energiebedarfs ausgesetzt. Um den Schutz des gebauten Kulturerbes und die Anforderungen einer nachhaltigen Entwicklung in ein gutes Gleichgewicht zu bringen, braucht es deshalb zwingend eine verantwortungsbewusste Strategie.

Dossier 5
Rossana Cardani Vergani
La ricerca archeologica nel Cantone Ticino
Disciplina integrante nella tutela dei beni culturali
Zusammenfassung
Archäologische Forschung und EKD im Tessin
Die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (EKD) hat in ihrer hundertjährigen, schweizweiten Tätigkeit wiederholt Fragestellungen zu archäologischen Forschungen oder Restaurierungsvorhaben im Kanton Tessin bearbeitet. Die Kommission wurde zehn Jahre nach der Inkraftsetzung des Decreto legislativo circa gli scavi per la ricerca archeologica (Gesetzesdekret zu den Grabungen für die archäologische Forschung) von 1905 und sechs Jahre nach dem ersten Gesetz zum Schutz der Kulturdenkmäler im Kanton Tessin geschaffen. Während die EKD bis in die 1940er Jahre praktisch selbständig tätig war, entwickelte sie sich in den darauffolgenden Jahren zu einer einflussreichen und kompetenten Diskussionspartnerin für die Organe, die auf Kantonsgebiet für den Schutz des Kulturguts zuständig sind. Im vorliegenden Beitrag werden die wichtigsten Etappen vorgestellt, welche die enge Beziehung zwischen der Geschichte der Tessiner Archäologie und den Gutachten und Stellungnahmen der EKD prägen.

Aktuell | Actuel | Attuale
Zum Gedenken an Hermann von Fischer
Denkmalpfleger des Kantons Bern von 1959 bis 1989
Impressum | Impressum | Colophon
Preis: CHF 25.00
Preis für GSK Mitglieder: CHF 20.00
Abbildungen: 95
Seitenzahl: 88
Reihe: Kunst + Architektur
Orte / Gemeinden: Schweiz / Suisse / Svizzera
Autoren: Diverse
Artikelnummer: K+A 2015.2
Inhaltssprache: Deutsch, Französisch, Italienisch
Erscheinungsdatum: 25.06.2015
ISBN: 978-3-03797-186-4
Verlag: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte
Bestellungen: über Webshop (www.gsk.ch) oder Buchhandel