k+a 2017.1: Möbel und Interieurs

Beschreibung: 

Es ist frappierend, wie umgestaltete Innenausstattungen oft den Wandel des Zeitgeistes repräsentieren. Zu sehen ist dies im aktuellen Themenheft von Kunst + Architektur in der Schweiz sehr deutlich anhand des Beitrags über das Parlamentsgebäude in Bern (Architekt: Hans Wilhelm Auer). Die Innenausstattung gestaltete Auer als Gesamtkunstwerk und zugleich als Präsentation des zeitgenössischen schweizerischen Kunsthandwerks. Die in den 1960er Jahren erfolgte Umgestaltung und Neumöblierung zeigt: Neuinszenierungen von historischen Räumlichkeiten altern sehr schnell und wirken oft schon nach wenigen Jahren deplatziert – besonders wenn versucht wird, sie möglichst zeitgenössisch zu gestalten. Im Gespräch mit dem für die 2016 abgeschlossene Restaurierung der Wandelhalle verantwortlichen Architekten Bernhard Aebi vom Büro Aebi & Vincent in Bern wird deutlich, wie die Rückbesinnung auf historische Substanz mit gleichzeitiger Anpassung an aktuelle ergonomische und technische Anforderungen in Einklang zu bringen ist.

Das Spektrum der weiteren Beiträge reicht von einem Streifzug durch die Basler Möbelgeschichte des 20. Jahrhunderts über die 1884 gegründeten «Schnitzlerschulen » in Brienz und Meiringen bis hin zur Veränderung der Ausstattung des kleinen Salons im Château d’Hauteville von 1760 bis 2014. Letzteres Beispiel zeigt uns, wie selten in situ erhaltene und gut dokumentierte Ausstattungsensembles geworden sind, wurde doch das gesamte Mobiliar des Château d’Hauteville durch eine kürzlich erfolgte Versteigerung in alle Welt zerstreut.

 

Dossier 1
Monica Bilfinger
Das schweizerische Parlamentsgebäude – von Kunsthandwerk und zeitgenössischem Design

Zusammenfassung
Im Auftrag der Direktion der Eidgenössischen Bauten D + B (heute Bundesamt für Bauten und Logistik BBL) erstellte der Architekt Hans Wilhelm Auer (1847–1906) das schweizerische Parlamentsgebäude in Bern. Die Innenausstattung gestaltete er als Gesamtkunstwerk und gleichzeitig auch als Präsentation des zeitgenössischen schweizerischen Kunsthandwerks. In den 1960er Jahren fand eine weitreichende Umgestaltung vieler Räume statt. Der damaligen Modernität entsprechend, wurden Räume weiss gestrichen, Böden mit beige Spannteppichen überdeckt, und Schweizer Designmobiliar ersetzte teilweise die historischen Möbel. Als Beispiel seien die durch Jürg Bally (1923–2002) gestaltete Wandelhalle und Bibliothek erwähnt. In den 1980er Jahren begann eine Rückbesinnung auf die historische Ausstattung. Der Umbau und die Sanierung des Gebäudes in den Jahren 2006–2008 schliesslich brachte eine Rückführung der Raumhüllen auf die historische Substanz, ebenso für das historische Mobiliar, mit dessen gleichzeitiger Anpassung an ergonomische Anforderungen. Und es wurde neues Mobiliar vom beauftragten Architekten Bernhard Aebi (Aebi & Vincent, Bern) eigens für das Parlament entworfen.

 

Interview | Interview | Intervista
Monica Bilfinger
«Hinter jedem Möbelstück steht eine Geschichte»
Interview mit Bernhard Aebi, Aebi & Vincent Architekten, Bern

Das Architekturbüro Aebi & Vincent, Bern, hat den Umbau und die Sanierung des Parlamentsgebäudes 2006–2008 im Auftrag des Bundesamtes für Bauten und Logistik BBL ausgeführt. Seither sind Teilprojekte hinzugekommen, etwa die Restaurierung der Wandelhalle und die zurzeit stattfindende Rekonstruktion des Bundesratszimmers. Bernhard Aebi über Möbel, die nicht am Zeichentisch oder Computer entworfen, sondern in vielen Einzelschritten entwickelt werden.

 

Dossier 2
Charlotte Schütt, Urs Ettlin
Über den Umgang mit historischen Zimmern
Zur Sanierung und Neuinszenierung des Museum Engiadinais in St. Moritz

Zusammenfassung
Das Museum Engiadinais wurde 1905/06 im Auftrag des Sammlers Riet Campell eigens für eine Reihe von historischen Zimmern sowie deren Ausstattungen erbaut. Aus Anlass der kürzlich erfolgten Sanierung wurde das Ausstellungskonzept überarbeitet und Platz geschaffen für Schausammlungen und Sonderausstellungen. Erhalten blieben die einzigartigen historischen Interieurs einschliesslich der Einrichtung. Der Umgang mit historischer Substanz war zur Zeit des Historismus allerdings ein anderer als heute. So wurden zahlreiche Stuben und Buffets aus Teilen verschiedener Herkunft zusammengefügt, wobei den Schreinern grosses handwerkliches Können zu attestieren ist. Herausfordernd war die Reinigung und Sicherung der getäfelten Stuben. Neu ergänzte Teile wurden 1906 mit chemischen Beizen dem Farbton des Originals angepasst, was im Laufe der Jahrzehnte zu hässlichen schwarzen Verfärbungen führte. Es gelang den Restauratoren, die Beize in mehreren Schritten aus dem Holz zu waschen und dieses zu neutralisieren.

 

Dossier 3
Benjamin Adler
Moderne Basler Möbel
Ein Streifzug durch die jüngere Basler Möbelgeschichte

Zusammenfassung
Vom Neuen Bauen angeregt, wurden in Basel verschiedene moderne Möbelprogramme entwickelt. Ganz nach Hannes Meyers Forderung «Volksbedarf statt Luxusbedarf» waren es vor allem Entwerfer mit handwerklichem Hintergrund, die einen Beitrag zum funktionalen Hausrat leisteten. Ernst Mumenthaler und Otto Meier entwickelten 1927 erstmals in der Schweiz ein in Kleinserien hergestelltes modernes Schrankprogramm. Gleichzeitig entwarf Paul Artaria einfache Typenmöbel aus Holz. Allerdings gelang ihm ebenso wenig wie Walter Senn, der um 1935 neuartige Holzsessel patentieren liess, der Durchbruch: Anstelle industrieller Serienfertigung wurden die Möbel für die spärlichen Abnehmer in Handarbeit hergestellt. Das gilt auch für den Sessel von Walter Frey, der an der Weltausstellung in Paris 1937 zum Einsatz kam. Breiteren Anklang fanden die modernen Formen erst nach dem Krieg. Aber noch in den 1950er Jahren dominierte in Basel die handwerkliche Herstellung, wie die Möbel von Heinrich Pfalzberger zeigen.

 

Dossier 4
Stefan Hess
Strategien gegen den Niedergang
Wie sich der Basler Schreinermeister Jakob Ramsperger (1716–1787) trotz Krise des Zunfthandwerks zu behaupten wusste

Zusammenfassung
Das Schreinerhandwerk in der Zunftstadt Basel geriet im Lauf des 18. Jahrhunderts zunehmend in die Krise. Möbelimporte und veränderte Gepflogenheiten im Innenausbau schränkten das Tätigkeitsfeld der zünftigen Meister stark ein. Nur wenige Schreiner konnten sich unter diesen misslichen Bedingungen behaupten. Einer von ihnen war Jakob Ramsperger (1716–1787), der in der Jahrhundertmitte eine bestimmende Rolle innerhalb des Basler Schreinerhandwerks zu spielen begann. Er konnte bei mehreren grossen Bauprojekten die Schreinerarbeiten ausführen, und es gelang ihm als Vorsteher der vereinigten Schreinermeister, die einengenden, im Zunftwesen verankerten Regeln zugunsten der erfolgreicheren Meister etwas zu lockern. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass Ramsperger auch in grösserem Stil Handel mit Möbeln trieb. Ob diese alle in seiner Werkstatt gefertigt wurden oder ob ein Teil davon unter Umgehung geltender Vorschriften von höfischen Manufakturen bezogen wurde, lässt sich nicht abschliessend beurteilen.

 

Dossier 5
Denis Decrausaz
Le petit salon du château d’Hauteville
Réflexions sur les objets du décor

Zusammenfassung
Der kleine Salon des Château d’Hauteville
Gedanken zur Ausstattung
Auf der Basis von Bildern und schriftlichen Quellen zeichnet dieser Artikel den Zustand und die Veränderungen der Ausstattung des kleinen Salons des Château d’Hauteville zwischen 1760 und 2014 nach. Mit seiner sowohl ästhetischen als auch soziokulturellen Analyse der einzelnen Elemente bietet der Artikel neben seiner dokumentarischen Funktion auch Einblick in den Umgang der Familien Cannac und Grand d’Hauteville mit dem aristokratischen Mobiliar. Dies trägt zum besseren Verständnis seines Stellenwerts im Herzen eines formellen und funktionellen Beziehungsnetzes bei, das intensiv wahrgenommen und gelebt wurde. Der Beitrag beleuchtet ausserdem die Problematik des fragilen und ungewissen Schicksals solcher Ausstattungen. Das Mobiliar des Château d’Hauteville verdient unsere Aufmerksamkeit nicht nur wegen seiner hohen und unverfälschten künstlerischen und technischen Qualitäten, sondern auch aufgrund seiner damaligen Bedeutung für die Besitzer. Die kürzlich erfolgte Zerstreuung des gesamten Mobiliars durch Versteigerungen hat uns jäh daran erinnert, wie selten in situ erhaltene und gut dokumentierte Ausstattungsensembles geworden sind.

 

Interview | Interview | Intervista
Valeria Frei
Semplicità e autenticità per ritrovare un design che duri nel tempo
Intervista con Singal Moesch

Il legno è un materiale semplice e genuino che ha il diritto di invecchiare e che, anzi, con il tempo acquista un fascino particolare. Singal Moesch ci racconta la sua passione per questo materiale e di come grazie a esso il suo design assuma un pregio maggiore, legato a un concetto di durabilità e originalità.

 

Dossier 6
Manuel Kehrli
Späte Meisterschaft?
Der Berner Ebenist Mathäus Funk und sein Meisterstück

Zusammenfassung
Die Stadt und Republik Bern mit ihrer Aristokratie bot einen fruchtbaren Hintergrund für Künstler und Kunsthandwerker. Franz Sigmund von Wagner nannte das 18. Jahrhundert das «goldene Zeitalter Berns». Aus nah und fern kamen Maler, Bildhauer und Ebenisten und erhielten bedeutende Aufträge. Die Möbelkunst nahm hier innerhalb der alten Eidgenossenschaft eine hervorragende Stellung ein. In diesem Umfeld arbeitete der aus Hessen stammende Ebenist Mathäus Funk (1697–1783), der sich 1724 in Bern niederliess und seine Werkstatt begründete. Im stolzen Alter von 63 Jahren wurde er Meister: Der erfahrene Virtuose geschweifter und eingelegter Prunkmöbel musste nach klaren Vorgaben ein Prüfungsmöbel herstellen, das stilistisch nicht dem Zeitgeist entsprach und das er mit Sicherheit nicht verkaufen konnte. Seinen hohen Ansprüchen wurde er gerecht, indem er den Schrank nach den Gepflogenheiten der Frankfurter Ebenisten herstellte.

 

Dossier 7
Henriette Bon Gloor
«Vom Boden des Luxus auch auf den der Nützlichkeit»
Das Berner Oberland, seine Möbel und die Kunstgewerbereform im 19. Jahrhundert

Zusammenfassung
Wenn der Möbelfabrikation im Berner Oberland kein Erfolg beschieden war, stand das auch im Zusammenhang mit den ästhetischen Ansprüchen der Reformbestrebungen im 19. Jahrhundert, forderten diese doch, die Form aus der Funktion des Gegenstandes zu entwickeln. Damit war dem Ornament nur noch eine untergeordnete Rolle zugewiesen, und es bot sich kaum Verwendung für die den Holzschnitzern vertrauten und bei den Touristen beliebten Motive aus der Bergwelt. Waren die 1884 gegründeten «Schnitzlerschulen» in Brienz und Meiringen angetreten, die Stilisierung der Naturformen im Lehrplan durchzusetzen, um das Übermass an Naturimitation zu zügeln und den Weg zu ebnen für Objekte für den täglichen Gebrauch, sahen sie sich jedoch mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln nicht in der Lage, geeignete Vorbilder und Entwürfe bis in die abgelegenen Werkstätten zu tragen und eine auf die Fertigung von Möbeln spezialisierte Ausbildung anzubieten. Auf Druck des Gewerbes fand der Naturalismus schon bald wieder Eingang in den Unterricht.

 

KdS | MAH | MAS
Jasmin Christ
Ein weiterer «Leitfaden zur Erkundung der Stadt Basel» ist erschienen
Buchpräsentation des 130. KdS-Bands zur Altstadt von Grossbasel II, Profanbauten

 

KdS | MAH | MAS
Jochen Hesse
Gedenktafel für Johann Rudolf Rahn

 

Aktuell | Actuel | Attuale
Nicole Bauermeister, Direktorin der GSK
Billet de la direction
«Jahr des Kulturerbes»

 

Aktuell | Actuel | Attuale
Markus Andrea Schneider
Der Gewinner der 1000. Ausgabe des 1000. Kunstführers

 

Aktuell | Actuel | Attuale
Uta Feldges
Zum Tod von Alfred Wyss

 

Auslandreisen | Voyages à l’étranger | Viaggi all’estero

  • Wales and Welsh Borders
    Schmelztiegel von Kultur und Industrialismus
  • Danzig – Masuren – Warschau
    Weltkulturerbe und Weltnaturerbe im Norden Polens

 

Bücher | Livres | Libri
Henriette Bon Gloor
Weltklasse in Liestal
Die Kunstschreinerei Bieder
Stefan Hess, Wolfgang Loescher
Mit einem Text von Hans Bieder (Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel-Landschaft, Band 98). Ausstellung im Dichter- und Stadtmuseum Liestal. Liestal 2016.
ISBN 978-3-85673-291-2
Verlag des Kantons Basel-Landschaf

 

Bücher | Livres | Libri
Axel Christoph Gampp
Französischer Chic
Innendekoration
Thomas Wilke
Graphische Vorlagen und theoretische Vorgaben für die wandfeste Dekoration von Appartements im 17. und 18. Jahrhundert in Frankreich. 2 Bde. (Bd. 1: Text; Bd. 2: Katalog). München 2016.
ISBN 978-3-89235-233-4
scaneg Verlag e.K.

 

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Preis: CHF 25.00
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Abbildungen: 102
Seitenzahl: 80 

Reihe: Kunst + Architektur
Orte / Gemeinden: Schweiz / Suisse / Svizzera
Autoren: Diverse
Artikelnummer: K+A-2017.4
Inhaltssprache: Deutsch Französisch Italienisch
Erscheinungsdatum: 28.03.2017
ISBN: 978-3-03797-298-4
Verlag: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte